Holzobjekte

Mein Boskop

1995 kauften wir zu dritt eine alte Villa in der Bahrenfelder Pfitznerstraße, die seit 2011 Friedensallee heißt, da Pfitzner außer bekannter Opernkomponist auch Reichsgeneralmusikdirektor der Nazis war und als solcher antisemitische Schriften veröffentlichte. Das hätte man allerdings auch in den 50er Jahren bereits wissen können, als die Mozartstraße im Zuge der Beseitigung doppelter Straßennamen in Pfitznerstraße umbenannt wurde. Nun – damals war man halt weniger sensibel und jetzt zurück zu meiner Geschichte.

Im Garten hinter dem Haus stand ein großer Boskop-Apfelbaum. Schon etwas altersschwach lehnte er sich an die Remise und beschenkte uns im Herbst mit vielen Früchten. Im ersten Jahr saßen wir noch zu dritt im Baum und pflückten diese. Er war nicht domestiziert und wir benötigten lange Leitern, und selbst mit diesen erreichten wir den Wipfel nicht. Ab dem zweiten Jahr erntete ich alleine, und das jeden Herbst – jedenfalls wenn er trug, denn manchmal machte er auch ein Jahr Pause, um im darauffolgenden wieder voll in Blüte zu stehen und Äpfel zu tragen. Es waren keine, wie man Sie im Supermarkt z.B. aus Südafrika, Argentinien, Neuseeland etc. angeboten bekommt. Sie hatten vielfältige Formen von klein bis groß und entsprachen keiner EU-Norm. Aber schmackhaft waren sie, mit der feinen Säure, die den Boskop auszeichnet. – ideal z.B., um aus normalem Rotkohl ein kulinarisches Erlebnis zu machen. Und jeden Herbst kochte ich so für den ganzen Winter herrlichen Apfel-Rotkohl ein, zur Freude meiner Gäste. Natürlich labten sich auch Vögel und jede Menge Insekten an den Früchten und wohnten in dem Baum. Das und das Alter sowie die Witterung setzten ihm allerdings auch zu, der Stamm wurde hohl und hohler und eines Tages geschah es:

ich befand mich auf einer Südamerika-Reise, als mich die Nachricht ereilte, dass mein geliebter Boskop umgestürzt sei, der hohle Stamm habe die Last nicht mehr tragen können.

Zurück in Hamburg fand ich nur noch den in dicke Scheiben zersägten Stamm vor. Den Stumpen ließen wir stehen, und mein Sohn schenkte mir einen neuen, jungen Boskop-Baum, der jetzt neben dem alten Stamm langsam heranwächst. Die alten Baumscheiben lagen lange im Garten, ich zögerte immer, sie dem Feuer zu übergeben. Irgenwann betrachtete ich sie, fing an, die Verwitterung abzuschleifen und entdeckte ihre Schönheit. Und so „lebt“ er fort, mein geliebter Boskop.

Weitere Fundstücke

Die Weide

Inzwischen arbeite ich gern mit Holz und Rinde der Weide, eines zweihäusiger Baumes, d.h. es gibt weibliche und männliche Bäume. Nur die Trauerweide ist da indifferenter. Meine Teile finde ich in den Elbtal- und Oder-Auen, wo die Weide eine wichtige Funktion in den Überflutungsgebieten ausübt. Durch ihr ausgedehntes Wurzelwerk festigt und stärkt sie den Boden und wirkt so gegen Abtrag bei Fluten und Überschwemmungen.

Die Silberweide kann 25m hoch und bis zu 200 Jahre alt werden. Die elastischen Zweige werden seit Alters her für Flechtwerk wie z.B. Körbe verwendet, ihre Rinde wurde für Heilzwecke verwendet, z.B. gegen Fieber, Rheuma und Schmerzen. Sie enthält einen der Acetylsalizylsäure ähnlichen natürlichen Wirkstoff. Zudem bieten die Weiden vielen Tieren von Insekten bis hin zu Bibern Nahrung und Unterkunft.

Für mich ist die Weide ein Baum mit Charakter, jede für sich einzigartig. Ich benutze sie gern für meine Arbeiten, wobei die eigentliche Kunst in meinen Augen von der Natur geformt wird.

Baumscheibe aus Weidenholz, geschliffen, Durchmesser 110 cm

In Arbeit